The House of Wild
Mittwoch, 28. September 2022
In 88 Tagen um den Weihnachtsmarkt
Dienstag, 27. September 2022
Le Barcarès
Mauritius. Mexico. Dann – nach kurzem Überschlagen der zu erwartenden Kosten etwas bescheidener – Korsika. Zypern. Portugal? Irgendwie klickt nichts so richtig.
Der Entscheid wird uns durch eine Steuernachforderung abgenommen.
(Liebe Berner Steuerbehörde, was MACHT ihr da unten für einen Seich?! Wir
können doch nicht die einzigen Ex-Expats im Kanton sein. RTFM!)
Fest steht somit: All Inclusive, Flugreisen, Toilettenpapier-Origami
und Schokolade auf dem Kissen sind für heuer gestrichen.
Aber ein wenig Sand zwischen den Zehen ist ein Muss bevor
der Winter kommt. Wohin also?
Die Wahl fällt auf eine Bungalowsiedlung im südfranzösischen Le Barcarès. Eine Ortschaft, welche für unsere Familie mit vielen Erinnerungen verbunden ist.
Die Bilder der Anlage sind vielversprechend. Sie liegt direkt am
Strand, und der in der in der Mitte der Siedlung gelegene Pool wirkt sauber. Die
Tatsachen, dass hier Partys verboten sind, und Ruhezeiten grossgeschrieben
werden, besiegeln es: Wilds fahren nach Frankreich.
Bei unserer Ankunft bläst der Mistral kräftig und macht gleich
klar, wer hier das Sagen hat. Ich bedaure kurz in Gedanken, mich beim
Packen gegen Windjacke und Schal entschieden zu haben, und stapfe unseren
Vermietern und den aufgeregt plappernden Kindern hinterher zu unserem Domizil
für die nächsten zwei Wochen. Michael lässt sich von Pierre den WiFi-Schlüssel
diktieren, während seine Frau mir alle Zimmer zeigt, und Max und Cedric auslosen, wer
beim Hochbett oben und wer unten schläft.
Le Lydia, erst Fracht- und Passagierschiff, dann ein Kasino, bevor zum Office de Tourisme umgebaut. |
Vor dem Einkauf am nächsten Tag besuchen wir eine Bäckerei im Ort. Der Kaffee aus dem Automaten schmeckt tatsächlich besser als der im Lehrerzimmer. Oder machts allein die Tatsache aus, dass wir in den Ferien sind? Unsere stolzen Jungs bestellen ganz ohne Hilfe nach dem Croissant noch ein Pain au Chocolat nach. Bezahlt wird ebenfalls selbständig in der fremden Sprache. Die Kundin hinter ihnen nickt uns beeindruckt zu und mir schwillt das Mutterherz.
Bonne chance, Mille Feuilles!
Montag, 26. September 2022
Herbstferien - Prolog
Ein kleines, intaktes Weinglas.
Ungläubiges Nachzählen.
Tatsächlich. Eines.
Zwei kleine Weingläser mit Sprung.
Nachprüfender Griff.
Korrektur: Ein
kleines Weinglas mit Sprung.
Und ein kleines Weinglas mit Hick.
Drei Frühstücksteller.
Ein grosser Teller. (Sind das… Hundehaare?)
Ein, zwei, drei… sechzehn Müesli-Schüsseln.
Ungläubiges Nachzählen.
Jap.
Drei Trinkgläser.
Vier Tassen. In der obersten findet sich ein langes, dunkles
Haar.
Eine Nespresso-Maschine. Voller weisser Hundehaare.
Ein Geschirrspüler. Voller weisser Hundehaare.
Ein Ausziehsofa. Voller… man ahnt es.
Und in der letzten Schublade ein Glücksfund:
Ein
Flaschenöffner.
Ich vermute, wir werden ihn die nächsten zwei Wochen öfters
zum Einsatz bringen.
In unserem Ferienhaus.
Am Mittelmeer.
In Südfrankreich.
...
Sonntag, 24. Juli 2022
Sommerferien im Wallis
"Gäu, Mami. Diese Ferien verdanken wir eigentlich nur mir?" dreht sich Cedric zu mir um, als der Zug aus dem Berner Hauptbahnhof rollt.
So ganz unrecht hat er mit dieser Feststellung nicht.
Wir sind unterwegs ins Wallis. Ungewohnt für einmal mit öffentlichen Verkehrsmitteln, prall gefüllten Rucksäcken und Koffern. Deren zwei warten bereits am Zielbahnhof auf uns. Minimalistisches Reisen ist unsere Sache nicht. Jeder von uns hat genug Unterhosen dabei, um vierzehn Tage Durchfall und den einen oder anderen Unfall am Gewässer gut zu überstehen. (Dass sich die pessimistische Planung bewähren wird, wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht...)
Cedrics Schulfreund reist derweil mit seiner ganzen Familie für mehrere Wochen in die Staaten. Ihre Ferienwohnung auf der Bettmeralp bleibt heuer ungenutzt, und wird uns überraschend und grosszügig als Urlaubsdomizil angeboten. Das Angebot kommt, zwischen Entscheidungslähmung auf booking.com und finanziellen Herausforderungen durch die Steuerbehörde, genau zum richtigen Zeitpunkt. Mit Freude nehmen wir an!
Über die autofreie Anreise ist man sich schneller einig als über die Packliste. Die Einschränkung "ein Plüschtier pro Kind" sorgt dabei kurz für Empörung. Aber Spiele und Bücher müssen schliesslich ebenfalls mit! Eckige Sachen in runde Taschen zu packen ist eine Challenge für die Jungs. Und ich fühle mich uralt, als die Referenz zu Tetris verständnislose Gesichter hervorruft.
Hier oben auf fast 2000 Metern ist die Luft (noch) herrlich frisch und kühl. Die Hitze der Stadt haben wir hinter uns gelassen. Wie früher mein Bruder und ich, teilen sich auch unsere Jungs meistens in den Ferien ein Bett. Was daheim undenkbar scheint ("Das ist MEIN Duvet!"/"Nimm deinen Fuss aus meinem Gesicht!!"), ist im Urlaub ein Muss geworden.
Märjelensee |
Eingang zum Tälligrattunnel - eine willkommene Abkürzung durch den Berg! |
Nach der langen Wanderung in der Gluthitze geniessen wir jeden Schritt im kalten Berginnern. Dem eindrücklichen Bauwerk zollen wir Respekt - Max und Cedric flüstern nur noch miteinander. Von oben tropfts, von der Seite hallts, von unten pflotschts... Was für ein Genuss! Und keiner mag sich ausmalen, wie lange der Umweg um den Berg herum gedauert hätte.
Blick hinunter nach Bellwald |
Ein Endspurt, der sich zieht: fast eine Stunde noch bis zur Gondelstation Fiescheralp. |
Vor Erschöpfung und Erleichterung kommen mir die Tränen, als wir uns endlich in die Gondel hinunter ins Tal setzen. Nach knappen 15km und fast acht Stunden unterwegs, spüre ich meine Grenzen überdeutlich.
In der Nacht hängt sich schliesslich auch noch der Grosse über die Schüssel. Und es will und will nicht aufhören. Erst als es hell wird, tauchen wir alle für einige Stunden in den erlösenden Schlaf ab. Die nächsten zwei Tage wechseln wir uns mit Übelkeit, Fieber und Gliederschmerzen ab. Obs wirklich die Erschöpfung war? Oder vielleicht doch ein aufgelesener Käfer im abgefüllten Quellwasser am Berg? Es wird fast eine Woche dauern, bis keiner mehr am Tisch jammert, oder nur nach "einem Stückchen Brot" verlangt.
So vergehen die Tage wie im Flug! Einmal besuchen wir die Mineralienbörse im Binntal und landen nur wie durch ein Wunder nicht in den Schlagzeilen der Tagesschau. Unser Postauto-Chauffeur verwechselt die einspurige, steile Bergstrasse mit dem Nürburgring, was unter den Passagieren für Unmut sorgt. Ein Mädel deponiert ihren gesamten Mageninhalt über Mamas Schuhe beim Ausstieg an einer Haltestelle und ein älterer Herr erkundigt sich, ob der Fahrer seinen Führerschien bei ALDI geholt hat. Fröhlichkeit im Bus, schwäbische Flüche aus dem Cockpit.
Bild: Thermalbad-wallis.ch |