Donnerstag, 27. November 2014

Cedric - 18 Monate


Seit dem ersten September ist Cedric (endlich) auf eigenen Füssen unterwegs. Blitzschnell hatte er die Sache mit dem Gleichgewicht erfasst und ist nun nicht mehr aufzuhalten. Gelegentlich kollidieren noch freier Wille und Mutters Zeitplan. Aber meistens läuft nun auch unser Jüngster an der Hand statt im Wagen mit. Was für eine Erleichterung für den Rücken!





Zum allerersten Mal machen wir Ende September Familienferien! Ein Freund meines Mannes leiht uns gratis und franko seine wunderschöne Ferienwohnung in der Lenzerheide. Gerade mal vier Seiten umfasst die Packliste - damit auch ja nichts vergessen geht! Und selbst mit den vorausgeschickten Koffern, füllen wir das Auto bis auf den letzten Kubik mit Windeln, Spielsachen und Büchern.

Zwei Dinge lassen sich nicht planen: Das Wetter und Cedrics Zahnschmerzen. Während uns ersteres eine wunderschöne Herbstwoche beschert, sind wegen letzterem die Nächte für alle kurz. Nicht nur die drückenden Beisserchen, wohl auch die ungewohnte Umgebung und das verhasste Zewi-Tuch, sorgen bei allen für Augenringe und gereizte Stimmung. Erst gegen Ende der Woche pendelt sich ein normaler Rhythmus ein. Die kurzerhand eingeführte Siesta für alle hilft dabei.



Unser Schleckermäulchen geniesst zum ersten Mal einen Tête de chocolat. Die zähe und klebrige Eiweissmasse kriegen wir danach nur mit Mühe von den Händen und vom Tisch.


Aber auch eine saisonale Köstlichkeit kommt bei ihm gut an: Die Kaki wird mit Wonne aus dem Schälchen geschlabbert. Das Vergnügen bleibt ungeteilt. Den älteren Bruder schüttelts. Max zieht die gute, alte Banane vor.

Wenn nicht gerade Zucchetti oder Tomaten auf dem Speiseplan stehen, isst Cedric unkompliziert jedes Menü mit. Die vier Beisserchen oben und unten sind allerdings noch keine grosse Hilfe beim Kauen. Daher schneiden wir immer noch alles sehr klein. Ist Cedric mit seiner Mahlzeit fertig, signalisiert er dies mit der dafür universellen Geste, indem er zweimal die Hände aneinander wischt. Danach reicht er einem seinen Teller - nur falls die Botschaft noch nicht angekommen sein sollte... - und verweigert anschliessend konsequent jeden noch offerierten Bissen. Gut so! Man kann nicht früh genug lernen, auf seinen Bauch zu hören.



Was für ein zauberhafter, wuscheliger Lockenkopf! Wenn auch das Bild ein wenig unscharf geraten ist (das Modell hält so schlecht still!), erkennt man deutlich Cedrics Schillerlöckchen. Mittlerweile dauert seine Haarpflege annähernd so lange wie meine. Ein untrügliches Zeichen, dass die Zeit für den ersten Coiffeurbesuch gekommen ist. Dass wir häufig gefragt werden, ob es sich bei dem Prachtsexemplar im Wagen um ein Mädchen oder einen Jungen handelt, spielt dabei nicht unwesentlich mit. Eigentlich bleibt noch genug Zeit, um auszusehen, wie jeder andere Schnuderi auch, findet Mutter. Still halten und Haare entzotteln macht keinen Spass, findet Cedi. Wo er recht hat...




Cedric ist immer noch herrlich verschmust und holt sich (sehr zu Mutters Freude) seine Streicheleinheiten häufig und reichlich. Wenn er seine Müntschi fliegen lässt und Kusshändchen gibt, schmilzt jeder. Geht allerdings einmal etwas nicht nach seinem Köpfchen, macht er seinem Familiennamen alle Ehre. Er lässt sich zum Glück aber rasch beruhigen und ablenken - eine Spezialität seines grossen Bruders - und bald darauf spielt er wieder friedlich. Ein starker Wille und Beharrlichkeit zeichnen ihn aus. Will er etwas erreichen, findet er Mittel und Wege dazu. Mit dem Tischset fischt er nach Papas Messer, den IKEA-Hocker benutzt er, um im Lavabo nach Lust und Laune zu "chosle", und auf dem Bauernhofdach bietet sich der beste Ausblick auf die benachbarte Baustelle. Cleveres Bürschchen!


Hurra, er plaudert und plappert! Als Cedric sich das erste Mal mit einem lauten und deutlichen "Messi!" für den nächtlichen Schoppen bedankt, kann ich vor lauter Überraschung und Freude kaum mehr einschlafen. Mit seinen achtzehn Monaten verfügt er nun schon über einen beachtlichen Wortschatz, den allerdings erst Insider zu entziffern vermögen...
  • Mami
  • Papi
  • Ma! Ma!  -  Max! Max!
  • Guggi  -  Nuggi (Schnuller)
  • Wawa  -  Sarah (Tagesmutter)
  • Nei, nei, nei! 
  • Mässe  -  Messer
  • gäää  -  gern
  • Sewela  -  Cervelat (Schweizer Nationalwurst) 
  • Wasse  -  Wasser
  • Messi  -  Merci
  • Chueli  -  Kuh
  • bäh, bäh!  -  jedes andere Tierchen
  • bitte!
 

Mittwoch, 19. November 2014

Kindermund

Max zählt seine vielen Mückenstiche. Die Biester haben ihn und seinen Bruder den ganzen Sommer über arg geplagt. Ich versuche ihn mit einem Scherz über die zahlreichen juckenden Pusteln zu trösten. "Diese Blutsauger hätten ja wenigstens erst fragen können!" Max lässt sich den Gedanken durch den Kopf gehen und meint schliesslich trocken: "Wobei die ja gar nicht sprechen können..."

Ich sitze im kleinen Badezimmer auf dem Klo. Die Tür öffnet sich einen Spaltbreit, Max streckt den Kopf herein und quengelt: "Mama, ich muss ganz dringend!" In einem der raren ruhigen Momenten gestört, schnauze ich Max an, er solle doch das WC im grossen Badezimmer benutzen. "Aber dort stinkts!" bekomme ich zur Antwort. Nachdem ich gestern mehrere Stunden lang die Wohnung geputzt und aufgeräumt habe, erscheint mir dies eher unwahrscheinlich. "Ich habe gerade gestern erst ein neues Putzmittel ausprobiert. Das WC müsste eigentlich blitzblank sein. Schau nach!" und ziehe die Tür wieder zu. Ein Weilchen hört man nichts mehr, dann geht die Tür wieder auf. Max stellt sich in den Türrahmen und stemmt die Hände in die Hüfte. "Also Mama (kurze Pause), ich ERWARTE von dir, dass es im nächsten Jahr (!) jetzt immer so aussieht!" (wieder kurze Pause) "Merci." Die Tür schliesst sich wieder.

Erst jetzt findet Max langsam Gefallen an Musik. Bei der Tagesmutter spielt tagsüber häufig das Radio. So kommt es immer wieder vor, dass er mitten im Spiel einen aktuellen Hit zu trällern beginnt. "Baddabeiss, baddabeiss!" entpuppt sich als "About the Bass" von Meghan Trainor. (Schön in Erinnerung auch der Moment, wenn Junior den Text erklärt haben möchte, und Mutter sich bei "shake your booty" verrenkt und sich zu "all the right junk in all the right places" etwas einfallen lassen muss. )
Hinter "Uuuuuu, Adivido!" versteckt sich "Budapest" von George Ezra. (Reinhören, klingt wirklich so!)
Und gelegentlich klingt es aus dem Kinderzimmer: "Abecedeäffge, hadioka, ellemenope!" oder "Sur le pont d'Avignon, ohni Dose, ohni Dose!"

Unzählige youtube-Videos von Werbefilmen zu Landwirtschaftsmaschinen und Zeichentrickfilmen, bei denen Mutter nostalgisch wird (Gummibärenbande, Yakari, Taotao, Alfred J. Quack...) führen dazu, dass Max immer wieder hochdeutsche Ausdrücke in seine Sprache einbaut. Es kann auch vorkommen, dass wir beide zusammen eine ganze Stunde lang "deutsch" miteinander sprechen - einfach aus Freude an der Sache! So rügt er seinen Bruder schon mal: "Nei, Cedi, das darfsch du etz auf keinen Fall!" oder nimmt ihn an der Hand: "Chum, i zeige dir, wos lang geit."
Völlig faszinierend zu beobachten, wie er mit seinen viereinhalb Jahren bereits ein Gespür für die komplett verschiedenen Sprachmelodien hat. Wenn er mit Vergnügen kauderwelscht, ist sofort hörbar, dass er "englisch" spricht. Und wer hätte nicht Freude, wenn seine Kochkünste mit einem "amazing!" oder "delicious, Mami!" gerühmt werden...

Mittagstisch. Es gibt Gemüserösti und Pouletbrüstchen im Speckmantel. Max liebt Speck über alles und isst ihn trennkostmässig vor allem anderen. Zum Probieren vom Geflügel muss er nachgerade genötigt werden. Erstaunt stellt er nach einem Bissen fest: "Mmh, das Fleisch ist ja butterzäh!"

Ich steh noch ein wenig verschlafen in der Küche und bereite das Frühstück vor. Max kommt herein, klatscht mir kräftig auf den Hintern und ruft: "Hallo, ist da jemand drin!?"