Montag, 15. Dezember 2014

To Whom It May Concern

"Das hätte ich dir sagen können."

Punkt zwei auf meiner ganz persönlichen Hass-Hitliste von wertvollen und anderen Ratschlägen.

Liebe Freunde von uns erwarten im Frühsommer ihr erstes Kind. Die Whatsapp-Gruppennachricht löst erst Begeisterungsstürme (Smiley, Herzchen, klatschende Hände, Feuerwerk, Smiley, Daumen hoch), und danach nostalgische Streifzüge aus. "Weisch no?" frage ich mit verklärtem Blick meinen Mann. Worauf der mit einer hochgezogenen Augenbraue meinen Geisteszustand in Zweifel zieht. "Ich schon. Aber du offenbar nicht mehr!"

Gut eingerichtet hat das die Mutter Natur und offenbar ihre eigenen Erfahrungen gemacht.

Als Erleuchtete im Kreise der Elternschaft wollen wir es uns nicht nehmen lassen, euch die Fackel der Weisheit weiter zu reichen und euch damit einige Ratschläge mit auf die abenteuerliche Reise zu geben, welche euch bevorsteht.

Ob ihr sie zu Herzen nehmt oder ignoriert, sei euch überlassen...


------------------------------------------------ Spoiler alert! -------------------------------------------------


  • ENTSPANNT EUCH! Tief durchatmen. Überraschenderweise dienen Panik und Hysterie weder den Eltern noch den Kleinen. Viele erleben das erste Babyjahr sorgenvoll und ängstigen sich über die kleinen Dinge, während sie vergessen spontan zu sein, und die Zeit mit dem Kind zu geniessen. 
  • Alles ist normal. Ob euer Baby dreimal pro Tag oder nur alle drei Tage kackt (oder wie unser Grosser nur alle zehn Tage, dafür aber mit Kollateralschaden), ob das Kleine spuckt wie ein Lama oder vom ersten Tag an vier Stunden am Stück schläft... Alles gut. 
  • Hört auf euer Baby. Es weiss wies geht. 
  • Bei Max hat es fast drei Monate gedauert, bis sich das vielzitierte "mein Kind- Gefühl" eingestellt hat. Setzt euch nicht unter Druck, lernt euch erst mal kennen und zweifelt nicht gleich an euren Fähigkeiten, wenn ihr manchmal das Kleine am liebsten zurück an den Absender schicken möchtet. 
  • Weckt nie ein schlafendes Kind. Auch wenn die Tante Mimi nur gerade heute und für eine Stunde in der Stadt ist. Oder die nächste Mahlzeit fällig wäre. Oder die Windel platzt. N.I.E. - hört ihr?
  • Löst euch besser gleich von der Vorstellung, immer den Grund fürs Babyweinen herauszufinden. Hunger, Durst, volle Windel, Blähungen, Bedürfnis nach Nähe, Verarbeitung von Erlebtem... manchmal ist alles erledigt, abgehakt und geboten. Und dennoch weint das Kleine untröstlich. Dann ist das eben so, und es gilt: Akzeptieren und zurück zu Punkt 1. Unser Aha-Erlebnis: Der Fliegergriff (aber nur auf Papas Arm) wirkt Wunder. 
  • Manchmal wollen die Lütten aber einfach nur in Ruhe (!) gelassen und ins Bettchen gelegt werden. So einfach ist das. 
  • Als Eltern denkt man, es sei unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass das Baby nicht weint. Weinen verbinden wir mit der Idee: Etwas läuft falsch und muss behoben werden. Dabei beachten wir nicht, dass es das einzige Kommunikationsmittel ist, welches den Knirpsen zur Verfügung steht.
    Weinen gehört zum Babysein dazu. Erst wenn es sich über Stunden nicht trösten lässt, Fieber oder Ausschlag bekommt, erbricht oder sonstige Auffälligkeiten zeigt, soll der Kinderarzt kontaktiert werden. 
  • Ihr kennt euer Kind am besten. Wenn etwas nicht stimmt, nehmt Rücksprache mit Fachleuten. In grösseren Städten gibt es meistens eine von Kinderärzten bediente Hotline.
  • Den Unterschied zwischen Erbrechen und Rückfluss macht die Häufigkeit aus, nicht die Heftigkeit. Rückfluss kann das Wohnzimmer fluten und zu mehr Kleiderwechsel führen als ein Lady Gaga Konzert. Wird das Baby aber von einem Magenkäfer geplagt, wird es alle 30 oder 45 Minuten erbrechen - unabhängig vom Füttern. Rückfluss folgt meistens unmittelbar auf Brust oder Flasche.
  • Ferbern ist indiskutabel. 
  • Ebenso ein nach vorne gerichtetes Tragen in einer Traghilfe.
  • Probiert soviele Traghilfen wie möglich aus, bevor ihr euch für eine entscheidet. Trageberaterinnen bieten meistens Leihtücher, Ergos, Bondolinos usw. an, welche man gegen eine kleine Gebühr probefahren kann. Es gibt nur wenige Kinder, die es nicht für das Allergrösste halten, von Mama und Papa getragen zu werden. Und fürs Haushalten sind die Traghilfen ohnehin unbezahlbar.  
  • Eure Welt wird für eine Weile klein und überschaubar werden. Aufpassen, dass ihr den Moment nicht verpasst, euren Alltag zurück zu erobern. Euer Kind - wie lange ihr auch drauf gewartet habt - soll bei und mit euch leben. Spätestens im Schulzimmer wird klar, wer aus einem Helikopterhaushalt stammt und wer nicht. 
  • Vergesst alles, was ihr bisher über Verantwortung geglaubt habt zu wissen.  
  • Findet heraus, ob das Familienbett euer Ding ist. Unsere Sache war und ist es bei beiden Kindern nicht. Unsere Jungs wurden von den ersten Wochen an ins eigene Bettchen ausquartiert, haben dort herrlich geschlafen und leben noch. Eine gestörte Beziehung zu uns können wir auch nicht ausmachen. Aber da müsst ihr andere fragen.
  • Schafft euch rechtzeitig vor der kühlen Jahreszeit einen Luftbefeuchter an. Die Kosten übersteigen zwar eine Nasenpumpe bei weitem, aber die Nerven werden ungemein geschont.
  • Bodies haben weit dehnbare Schulterteile, damit sie im Falle einer verdauungsbedingten Sauerei gegen unten statt über den Kopf ausgezogen werden können.
  • Auch wenn sich die Tochter der besten Freundin oder Schwiegermutters Neffe bereits mit sieben Wochen gedreht hat... Es ist unwahrscheinlich, dass euer Kind sich der Herausforderung stellen wird. Ich habe Max stundenlang auf der Babymatte beobachtet, nur um ja den Moment nicht zu verpassen. Gedreht hat er sich erst mit vier Monaten. Je eher ihr das Prinzip "Baby-Olympiade" durchschaut, umso besser. Lasst eurem Kind seinen eigenen Rhythmus. 
  • Sieht zwar süss aus, aber: Ein Kind soll erst sitzen, wenn es sich selber in diese Position befördern kann. Also verstaut den Hochsitz für die nächsten zehn Monate im Keller, auch wenn er farblich hervorragend zur Einrichtung passt. 
  • Es muss nicht immer Pampers sein. Aber bei uns haben sich die teureren Modelle bewährt. Achtet auf Aktionen. Die Grossverteiler haben im Wechsel 3 für 2 Angebote auf alle ihre Marken. Ich bin keine Schnäppchenjägerin, aber hier lohnt sich das Studium der beiden grossen Werbezeitungen. 
  • Man findet immer jemanden, der die eigene Meinung bestätigt. Aber Freunde, welche einem auch mal den Spiegel vorhalten und die Meinung geigen, sind unbezahlbar!
  • Eure eigenen Wünsche und Bedürfnisse stellt ihr für eine Weile zurück. Vergesst aber - bei aller Liebe für das Kind - nicht, dass ihr immer noch ein Paar seid. Vielleicht nicht in den ersten Tagen und Wochen, aber hoffentlich bevor der Nachwuchs die Koffer fürs Studium packt, sollt ihr euch ganz bewusst Zeit nehmen (und diese vorher einplanen!) für euch. Und wenn es nur für ein Kaffee/Gipfeli an einem Samstagmorgen ist. In eurem Umfeld habt ihr Grosseltern und Paten, Freunde und potentielle Hüetimeitschi, welche nur darauf warten, von euch angefragt zu werden. Nutzt die Gelegenheit! 
  • Jede Schwäche in einer Ehe wirkt im Wochenbett, unter Schlafmangel und Stress wie unter dem Vergrösserungsglas. Tragt Sorge zueinander und verliert neben dem Fokus aufs Kind nicht das Gefühl, ein Paar und ein Team zu sein.
  • Wenn irgendwo "Baby" drauf oder davor steht, ist es unnötig und überteuert - meistens allerdings beides. 
  • Babywannen gehören in die obiggenannte Kategorie. Genügt das Lavabo nicht mehr: Ab in die grosse Badewanne! Es gibt Plastikriegel,mit denen man das Fassungsvermögen der Wanne halbieren kann, oder bunte Badesitze, in welchen die Kleinen nach Herzenslust plantschen können. 
  • Schnuller sind eine grossartige Erfindung. Der Erfinder von Leuchtnuggis jedoch gehört für den Nobelpreis vorgeschlagen.
  • Kinder abgeben will gelernt sein. Wartet nicht damit, bis der berufliche Wiedereinstieg vor der Tür steht. 
  • Transiert das Kind in den Autistenmodus, starrt auf eine unsichtbare Stelle in eine Ecke und ist scheinbar nicht mehr ansprechbar, muss nicht gleich der Exorzist gerufen werden. Es lädt lediglich die neusten Updates herunter. 
  • Ausleihen ist besser als kaufen. Generell gilt: Der Preis eines Spielzeugs oder Gegenstands steht in reziprokem Verhältnis zur Bespieldauer und Nutzen.
  • Auch wenn ihr nicht mit allen Methoden und Ideen eurer Schwiegereltern harmoniert... Bleibt offen für andere Sichtweisen. Zudem: Mindestens einmal haben sie schon einmal Unübertreffliches geleistet und einen wunderbaren Menschen herangezogen. Euren Partner!
  • Zahnschmerzen? Wir schwören auf Osa-Gel! Hilft übrigens auch nach der Behandlung einer übereifrigen Dentalhygienikerin... 
  • Prüft genau, welchen Quellen ihr glauben und welchen Ratschlägen ihr folgen möchtet. Nur weil etwas im Internet steht, ist es nicht unbedingt wahr.


Hätte uns das mal jemand vorher gesagt... 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen